Fliegen und ankommen
Es war der erste lange Flug sei Beginn der Corona-Pandemie. Schon die Vorbereitungen haben gezeigt: Reisen ist kompliziert und aufwändig geworden. Es reichen nicht Flugticket und Visum. Es gilt einige Formulare online auszufüllen, etliche QR-Codes zu scannen, vor der Reise einen teuren Test zu machen und so weiter und sofort. Ich habe diese Pflichten meist fluchend erfüllt. Aber dann war der Flug mit Transit in Brüssel fast ein Kinderspiel. Zumal der Flieger auf der ersten Strecke recht leer war.
Anders aber Einstieg und die 7 Stunden Fliegerei nach Accra. Dicht an dicht in der Schlange während des Boardings, dicht and dich dann in den Sitzreihen. Das war trotz Boosterimpfung beängstigend, aber wer heute reist, muss riskieren. Einfach wegschieben und schon setzte der Pilot zur Landung an. Ungefähr sechs Mal wurde mein Pass kontrolliert. Und alles ging flott. Es kam mir vor, als sei Corona in Ghana ein Jobmotor. So viel Personal ist in das Überprüfen der Impfnachweise, das Weiterleiten zum Testen, als Tester, als wieder Weiterleiter und dann als Kontrolleure, ob jemand getestet ist, dann als Helfer für das Abrufen der Testergebnisse engagiert … Whow. Endlich das Durchwinken, und alles ist gut gelaufen. Ich muss wirklich sagen, vorbildlich. A safe journey.
Titus Kuuyuour und sein Sohn Ransford holten mich ab. Bald steckten wir wieder im üblichen Accra-Stau. Es ging nur meterweise voran. Man kann nicht sagen, dass die Fahrt vom Flughafen bis an den Rand der Stadt in den Bezirk Madina wie im Flug verging. Aber es war nicht langweilig. Wie üblich waren die Hauptstraßen ein großes Kaufhaus. Ohne auszusteigen, kann man am Autofenster in Accra von den Straßenverkäuferinnen und -verkäufern so ziemlich alles kaufen, was tragbar oder essbar ist. Ich frage mich oft, wie viele Kilometer diese Menschen am Tag zurücklegen, wie viel sie – neben den Autos her laufend und in den Abgasen stehend – wohl verdienen.
Jetzt heißt es einleben: Über 30 Grad ist es, feucht. In Berlin hat es geschneit. Ich werde ganz betrunken von den vielen altbekannten und doch wieder ungewohnten Eindrücken. Ich wurde herzlichst empfangen. Nun gehen alle ihrer Arbeit nach, vor allem wird die Beerdigung im Norden vorbereitet. Der Stapel, der mitgenommen wird wächst und wächst jede Stunde. Es ist eindrucksvoll, welche Dinge organisiert, gekauft und verpackt werden. Cynthia Kuuyuor, eine Nichte von Titus, hilft, alles einzutüten. Sie lebt seit einem Jahr in Accra, um ihren Schulabschluss zu machen. Vorher ist sie in Wa, der Districthauptstadt im Nordwesten, ins Internat gegangen. Titus finanziert ihre Ausbildung hier. Dafür ist sie für Einkauf, Kochen und Putzen, natürlich auch Helferin bei den Vorbereitungen zur Beerdigung. Es werden an den zwei Tagen der Beerdigung wohl rund 500 Leute nach und nach erwartet. Sie werden bewirtet, sie bekommen alle eine Erinnerung … Und erstaunlicherweise heißt es auf den bedruckten, silbernen Säcken, dass Pigr, meine Adoptivmutter, 107 Jahre alt geworden ist. Wirklich sehr alt …