Die Beerdigungsfeier

Es war eine große Herausforderung für mich, die mehrtägige Beerdigungszeremonie zu dokumentieren. Schon die 10 Tage davor waren voll gepackt: Alle Frauen saßen stundenlang in einer Runde und bereiteten Tonnen von Essen für die Trauergäste vor. Immer mehr Besuch von auswärts kam an, und es wurden immer mehr Helfer:innen. Alle größeren Räume füllten sich mit Getränken, Essen, Geschirr und Stühlen – die auch beschriftet wurden. Die Xylophone wurden repariert, ebenso bröckliges Mauerwerk und der staubige Boden im Hof. Es wurden Latrinen gebaut, das Feld vor dem Gehöft geebnet. Schon in Accra musste Cynthia mit dem Hausangestellten die Geschenke vorbereiten.

Niemand hatte Zeit. Alle waren beschäftigt.

 

Das Bild ist von 1989. Als kleine Gaben für die Gäste gibt es Handgel ... Coronakonform.
Das Bild ist von 1989. Als kleine Gaben für die Gäste gibt es Handgel …

 

Das Gel wird dann noch in ein schmuckes Säckchen in direkter Nachbarschaft zu einer Maske gelegt.
Das Gel wird in ein schmuckes Säckchen direkt neben eine OP-Maske gelegt.

 

In diese festlichen Tüten werden dann das Handgel, Taschentücher und Masken überreicht.
In diesen festlichen Tüten werden dann Gel, Taschentücher und OP-Masken überreicht.

 

Genug Getränke für die Gäste
Die vielen Getränke für die Gäste werden noch geliefert.

 

Der Rohbau des neuen Hauses dient als Abstellraum für die vielen Vorräte
Der Rohbau des neuen Hauses dient als Abstellraum für die alle Vorräte.

 

Der Tonkrug gehörte einst Pigr. Er wird später zu ihrem Leichnam gestellt.
Der Tonkrug gehörte einst Pigr. Er wird später zu ihrem Leichnam gestellt.

 

Es mussten ungezählte Kilogramms an Zwiebeln geschält und geschnitten werden.
Es mussten unzählige Kilogramms an Zwiebeln geschält und geschnitten werden.

 

Cynthia und Ruth kümmern sich um die Tomaten für die unterschiedlichen Saucen.

 

Plastikbecher werden alle mit dem Namen Kuuyuor beschriftet, nachdem sie einmal gewaschen wurden.
Die Jugendlichen mussten die Plastikbecher waschen und beschriften.

 

Irene, Titus Frau, hat tatsächlich in fetten Kühlboxen viel gefrorenen Fisch mitgebracht aus Accra. Nun müssen die Fische gesäubert und ausgenommen werden. Eine irre Arbeit.
Irene, Titus Frau, hat in fetten Kühlboxen gefrorenen Fisch mitgebracht aus Accra. Nun müssen die Fische gesäubert und ausgenommen werden. Eine irre Arbeit.

 

Alexis, einer von vielen Enkeln, die Pigr hatte, erneuert das Grab, wo vorher nur Kuuyuour zur Ruhe gelegt wurde. Seine Gebeine werden derzeit sicher irgendwo hier im Gehöft verwahrt, bis er zusammen mit Pigr wieder bestattet wird.
Alexis, einer von vielen Enkeln, die Pigr hatte, erneuert das Grab, wo 1999  Kuuyuour bestattet wurde. Seine Gebeine werden derzeit sicher im Gehöft verwahrt, bis er zusammen mit Pigr wieder beerdigt wird.

 

Die Wand wurde schon für die beiden Toten geweißt. Vorher wurde sie noch einmal repariert und der Boden erneuert.
Die Wand wurde für die beiden Toten geweißt. Vorher wurde sie schon repariert und der Boden erneuert.

 

Das Tuch, in dem Pigr beerdigt wird, trocknet seit Tagen in der Sonne

Das große Leichentuch für Pigr ist gewaschen und trocknet seit zwei Tagen auf der Mauer.

 

Kuuim bereitet sich vor, um die Matte für die Tote Pigr zu knüfen.
Kuuim bereitet sich vor, um die Matte für die Tote Pigr zu knüpfen. Sie ist Pigrs älteste Tochter und schon lange Witwe. Sie kam deshalb zurück zum Haus ihres Vaters. Sie hat Pigr gepflegt, als sie krank wurde. Ebenso wie Pigrs Enkelinen Cynthia und Judith.

 

Es wird langsam Abend. Die Jungs gehen noch einmal mit dem Eselskarren los, um Erde für die Bodensanierung zu holen.

 

Die Frauen sitzen bis spät in die Nacht und kochen vor.

 

Die Schuhe stehen schon geputzt bereit. Alle werden sich für die Feier von Pigr schön anziehen.
Am nächsten Tag stehen die Schuhe  blank geputzt bereit. Alle werden sich für die Feier von Pigr schön anziehen.

 

Die Radiostation in Nadom, eine größere Kreisstadt, ist umgezogen. Wir gehen hin, um die Ankündigung der Beerdigung hinzu bringen.
Die Radiostation in Nadom, eine größere Kreisstadt, ist umgezogen. Wir gehen hin, um die Ankündigung der Beerdigung hinzu bringen.

 

Die Beerdigung wird am Tag vor der Feier im regionalen Radio angekündigt. Fünf Mal.
Die Beerdigung wird am Tag vor der Feier im regionalen Radio angekündigt. Fünf Mal insgesamt. Es kostet nur wenige Euro.

 

Die Xylophone stehen nun bereit. Sie werden fast drei Tage ohne Pause bespielt.

Die Xylophone stehen nun bereit.
Sie werden auf der Beerdigung fast drei Tage lang ohne Pause gespielt.

 

Surreal wirkt die nächtliche Szene kurz bevor Pigrs Leichnam ankommt.
Surreal wirkt die nächtliche Szene kurz bevor Pigrs Leichnam ankommt.

 

Der Leichnam von Pigr kommt erst am späten Abend
Der Leichnam von Pigr kommt erst am späten Abend an

 

Dann kommt der große Moment, als die Leichname von Pigr und Titus Cousin Gaapagr im Gehöft ankommen. Pognyang, Titus Schwester, ist bei ihrem Mann begraben worden. Pigr wird in einen Raum gebracht und auf den Boden gebettet. Alle Frauen gehen in die kleine Hütte und betrachten schweigend die Tote. Pigr wird gewaschen, einbalsamiert und mit einem schönen Gewand angekleidet. Dasselbe findet für Gaapagr in dem Gehöft seiner statt. Es ist schon spät nachts, als beide Tote im Hof aufgebahrt werden, im Schein von vielen Kerzen sind nur ihre Silhouetten zu erkennen. Beide sitzen auf Stühlen. Dann beginnt das Trommel- und Xylophonspiel.

 

Die Frauen versammeln sich rund um die Tote und ehren sie still. Alle halten inne in einem Moment des großen Respekts.
Die Frauen versammeln sich rund um die Tote und ehren sie still. Alle halten inne in einem Moment des großen Respekts.

 

Vier, fünf Frauen sorgen dafür, dass Pigr schön angezogen wird. Hier zieht Kuuim aus einem großen Sack ein Oberteil. Es wird dann diskutiert, was am besten geeignet ist.
Vier, fünf Frauen sorgen dafür, dass Pigr gewaschen und schön angezogen wird. Hier zieht Kuuim aus einem großen Sack ein Oberteil. In der Gruppe wird dann diskutiert, was am besten geeignet ist.

 

Die schon angereisten Gäste versammeln sich schon um zu trauern
Alle Gäste und Familienmitglieder versammeln sich, um ein erstes Mal zu trauern.

 

Pigr und Gaapagr werden dann im Hof aufgebahrt.

 

Nachdem Pigr und Gaapagr angekleidet und vorbereitet wurden, werden sie im Hof hingesetzt. Das Trauern beginnt spät nachts
Die Frauen treten zuerst zu den Toten.

 

Hier zünden alle Enkel und Enkelinnen je eine Kerze für Pigr an.

 

Viele Gäste übernachten nun im Gehöft. Ich schätze, es waren um die 50 Menschen, die hier geschlafen haben in der ersten Nacht.
Viele Gäste übernachten in den nächsten beiden Nächten im Gehöft. Ich schätze, es waren um die 50 Menschen oder mehr. Es könnten über 500 Menschen die Beerdigung besucht haben.

 

Kaum geht die Sonne am nächsten Morgen auf, versammelen sich erneut alle Trauergäste im Hof und gehen wieder zu beiden Toten, um sie zu ehren, zu trauern und sie zu verabschieden. Draußen auf dem Feld wird mit viel Liebe zum Detail ein Zelt aufgebaut und geschmückt, wo Pigr und Gaapagr ab mittags hinein gesetzt werden. Um sie herum wird ihr Hab und Gut drapiert: Koffer, Töpfe, Stoffe für Pigr. Gapaagr hatte u.a. einen Pfeil und Bogen. Neben dem Zelt legen die Gäste Opfergaben für die Familie der Toten ab. Hühner und Ziegen werden angebunden, Hirse- und Maisbündel abgelegt. Die Portraits, die ich von Pigr, Kuuyuour 1989 und von Ponyang und Gapaagr 2019 gemacht hatte, sind vor ihnen aufgestellt. Das berührt mich sehr.

 

Ein Zelt wird auf dem Feld für die beiden Toten aufgestellt und geschmückt. Hier werden sie zwei Tage bleiben.
Ein Zelt wird auf dem Feld für die beiden Toten aufgestellt und geschmückt. Hier werden sie zwei Tage bleiben.

 

 

Die Gäste aus der Stadt werden im Haus verköstigt
Die Gäste aus der Stadt werden im Haus verköstigt.

 

Einige Frauen ruhen sich im Haus von Janet und Zumeh aus. Sie bekommen wie alle Gäste Hirsebier angeboten.
Einige Frauen ruhen sich im Haus von Janet und Zumeh aus. Sie bekommen wie alle Gäste Hirsebier angeboten.

 

Am nächsten Morgen sitzen schon die ersten wieder nahe am Gehöft. Hier wird Alkohol verkauft, ein übliche Szene auf Beerdigungen.
Am nächsten Morgen sitzen die letzten und die ersten wieder auf dem Feld. Hier wird Alkohol verkauft, ein übliche Szene auf Beerdigungen.

Immer wieder kommen viele Gäste am nächsten Tag, einzeln oder in Gruppen, andere gehen wieder. Es wird ab mittags getanzt bis zum Sonnenuntergang. Und erst am dritten Tag werden die Toten bestattet.Die Enkelkinder und alle Frauen ehren Pigr, sie “zertanzen” regelrecht für sie eine Strohmatte. Die Männer legen Pigr schließlich in ihr Grab, gemeinsam mit Kuuyuors Überresten. Wieder wird getanzt und gesungen. Bis zum nächsten morgen. Bis alle völlig erschöpft sind. Bis alle Gäste nach Hause gehen.
Erst langsam kehrt Ruhe ein.

 

Früh morgens bleiben nur noch die Geier am Hof
Früh morgens sind die Geier die letzten, die nach und nach wegfliegen.

Für die Ausstellung REMEMBER, die am 2. September eröffnet wird, ist ein 50 minütiger Dokumentarfime entstanden, der in kürzerer Form bald auch hier zu sehen sein wird.